Vorarlberger Unternehmen setzen aufbegrünte Dächer als Gegenmittel zur Bodenversiegelung.
„Wennes weniger Insekten gibt, haben auch die Vögel und Kleinsäugetiere wenigerNahrung zur Verfügung und gehen zurück“, sagt Landschaftsplanerin Simone König.Sie vermittelt seit vielen Jahren, was die Natur in Vorarlberg braucht und wiedie stetig voranschreitende Bodenversiegelung zumindest bis zu einem gewissenMaße ausgeglichen werden kann. Gerade an den Insekten sehe man die Entwicklunggut, da es in den vergangenen Jahren weltweit intensive Untersuchungen dazugab. „Mehr als 70 Prozent der Biomasse an Insekten sind verschwunden“, sagtKönig. Dass die Artenvielfalt in Österreich dem weltweiten rückläufigen Trendfolgt, bestätigt auch der Wiener Biologe Nikolaus Szucsich: „Das betrifft etwaden Rückgang an Insekten und bei Vögeln in der Kulturlandschaft.“ EineForderung der Experten ist immer wieder – zuletzt bei der Artenschutzkonferenzim Dezember – 30 Prozent der Erde (Wasser und Land) unter Schutz zu stellen undden Pestizideinsatz um zwei Drittel zu verringern.
Mehr sein lassen
Aberauch jede und jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten, solange die Politiksäumig ist. Das fängt bei der naturnahen Gestaltung des Gartens an. „Es gehtzunächst darum, weniger zu tun, als mehr sein zu lassen“, sagt König.Grundlegend ist zu prüfen, wo man im Garten oder am Firmengelände Rasen brauchtund wo der Aufwuchs höher werden kann. „Höheres Gras fördert die Vielfalt undoft sind viele Pflanzen im Rasen verborgen, die dann zum Blühen kommenkönnen.“ Optimal sei, wenn in den wenig genutzten Ecken der Gärten Materialienwie Holz, Laub oder Steine liegen dürfen. Das seien sofort umsetzbareMaßnahmen, die schnell wirken.
Beider Pflanzenauswahl ist es laut König wichtig, auf heimische Arten zu achten.Bei den Sträuchern gebe es eine große Auswahl, die der Landesforstgartenvertreibt. „Die sind für die heimische Insekten- und Vogelwelt besonderswertvoll, weil sie sich evolutionär miteinander entwickelt haben.“ Schlehdornsei etwa eine empfehlenswerte Art, da viele Tag- und Nachtfalter davon leben –sowohl die Raupen als auch die Schmetterlinge. Zudem ist es ein gutesVogelgehölz. Auch die Kornelkirsche ist eine gute Alternative zurweitverbreiteten Forsythie.
Hoher Bodenverbrauch
GroßeBäume sollten erhalten bleiben, nicht alles tote Holz sofort vom Baum entferntwerden. „Ein toter Ast, der nicht gefährlich ist, kann auch mal hängenbleiben“, empfiehlt König. Wenn es um Siedlungsbau und Planung geht, sei esgrundlegend, dass Bäume groß werden dürfen und genug Platz haben. DerBodenverbrauch ist auch in Vorarlberg hoch. „Gerade weil wir viele Berge haben,sind die Tallagen begehrt. Aber auch dort braucht es Raum für Biodiversität“,sagt König. Ein Thema, das immer wichtiger wird, sind die Dachbegrünungen. „Dasbringt auch dem Gebäude viel, denn so ein Gründach kühlt im Sommer und dämmt imWinter.“
Grüne Dächer bei Omicron
ZahlreicheVorarlberger Unternehmen gehen beim Thema Dachbegrünung mit gutem Beispielvoran. Dazu gehört die Firma Omicron, die Technologien für elektrischeEnergiesysteme entwickelt. Am Standort in Klaus arbeiten rund 650 der 1100Mitarbeiter, wie die Firmensprecherin den VN berichtet. Auf dem Gelände inKlaus stehen zwei große Bürobauten, die etwa 3500 Quadratmeter begrünte undbegehbare Dachfläche haben. Auf verschlungenen Wegen können die Mitarbeiterzwischen den grünen, mit Wildpflanzen und heimischen Stauden bewachsenen Beetenspazieren gehen, sich ausruhen oder mit Kollegen zusammensitzen. Doch diegrünen Dächer erfreuen nicht nur die Menschen. Man wollte den Fußabdruck, dendas Gebäude auf dem Areal hinterlässt, kompensieren, berichtet Architekt PeterNussbaumer über das bereits 2006 gestartete Artenschutzprojekt. Gepflanztwurden heimische Stauden und andere Wildpflanzen. Es gibt unversiegelteSpazierwege, Sitzgelegenheiten aus natürlichen Materialien, auch die Fassadewurde zum Teil begrünt, für weiteren Lebensraum Totholz platziert. HeimischeGehölzer sorgen für eine natürliche Beschattung. Dreimal im Jahr wird gejätet,auf Düngemittel verzichtet. Die an die Umgebung angepasste Bepflanzung und dieVerbindung mit dem renaturierten Klausbach haben sich positiv auf dieökologische Vielfalt ausgewirkt. Die Magerwiese mit ihrem Reichtum an Blumenund Gräsern ist von zahlreichen Insektenarten wie
etwa Heuschrecken, Schmetterlingen, Bienen und Hummeln belebt. Dort summt undzirpt es vom Frühsommer bis in den Herbst. Verschiedene Frosch- und andereAmphibienarten profitieren von der Verbindung des Geländes mit dem von denUfermauern befreiten Bach. In den offenen und trockenen Bereichen an der Südfrontdes Gebäudes oder beim Volleyballplatz können Eidechsen beobachtet werden.Durch die extensive Nutzung des Grünraums finden selten gewordene Vogelartenwie z. B. die Distelfinken ausreichend Sämereien und Nahrung auf derMagerwiese, da hier die Gräser und Blumen bis über die Samenreife stehenbleiben.
Vorteil für Gebäudeplanung
DasGründach sei aber auch für die Planer von großem Vorteil gewesen, berichtetNussbaumer. Denn das Grundstück habe einen hohen Grundwasserstand, was vorallem bei Starkregenereignissen ein Thema ist. „Durch das begrünte Dach könnenwir das Wasser über das Dach zeitverzögert ableiten. Die zwölf Zentimeter hoheSubstratschicht auf dem Dach hält das Wasser zurück und gibt es langsam ab“,berichtet der Architekt. Auf ebener Erde wurde zusätzlich ein Becken angelegt,in dem sich das Regenwasser ansammeln kann. Mittlerweile leben in dem Biotopviele seltene Pflanzen und Tierarten.
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