Es ist eine kleine Musiksensation: Der Song „Friesenjung“ von Otto Waalkes aus dem Jahr 1993 schafft es als Sample auf Platz eins der Single-Charts. Schuld daran sind ein Berliner Rapper und sein niederländischer Kollege, die das Lied als Danceversion auf TikTok veröffentlichten.
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„Bin ein Friesenjung. Bin ein kleiner Friesenjung. Und ich wohne hinter’m Deich.“ Mit diesen Textzeilen startet
Mitte Mai postet der Berliner Rapper Ski Aggu (19) mehrere Videos auf der Social-Media-Plattform Tiktok. Es sind erste Songschnipsel seiner „Friesenjung“-Dance-Version, die er zusammen mit seinem niederländischen Kollegen Joost Klein (25) aufgenommen hatte.
Der Musiker aus Berlin-Wilmersdorf, der bürgerlich August Jean Diederich heißt, bittet Waalkes öffentlich, ihm die Freigabe für seinen Kulthit zu erteilen. Wenig später eröffnet der Ostfriese ein Konto auf Tiktok mit seinem allseits bekannten „Holladahiti“ und es kommt zur Zusammenarbeit.
„Es ist eine gängige Marketing-Strategie von Künstlerinnen und Künstlern, kurze, eingängige Schnipsel eines neuen Songs auf der Plattform Tiktok vorab zu veröffentlichen. Dadurch wird der Song populär und Fans werden zur Interaktion angeregt“, erklärt David Stammer von der Popakademie Baden-Württemberg.
Otto Waalkes „Friesenjung“ taucht in über 23.000 Video auf
Die jungen Nutzerinnen und Nutzer unterlegen ihre meist nur wenige Sekunden langen Videos auf Tiktok, oft Sketche oder Tanzeinlagen, mit Songs, die sie aus einer Liste auswählen können. Sie schneiden sich einen Schnipsel heraus, der zu ihrem Clip passt. „Friesenjung“ taucht so in bislang über 23.000 Videos auf und wird entsprechend weiterverbreitet.
„Ich finde Wein lecker. Ich bin kein Kenner, doch ich bin ein Feinschmecker“, das ist zum Beispiel so eine prägnante Textzeile aus „Friesenjung“, die massenhaft geteilt wird. Waalkes, der im Juli seinen 75. Geburtstag feiert, ist ohnehin bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Durch den viralen Hit hat sein Erfolg noch einmal andere Dimensionen angenommen.
Otto fühlt sich geehrt
„Ich fühle mich sehr geschmeichelt, weil für mich jede Parodie die ehrlichste Form der Verehrung darstellt“, erzählt Waalkes der Deutschen Presse-Agentur. Er fühle sich in den sozialen Medien sehr wohl. „Mit Tiktok komme ich zurecht, so alt bin ich nun auch wieder nicht.“
Rund 370.000 Fans folgen dem Komiker schon auf der Plattform. Tendenz steigend. „Ein schönes Beispiel, wie sich die Zielgruppen von jüngeren und älteren Künstlern vermischen – denn Ski Aggu und Joost Klein profitieren ja gleichzeitig von der Popularität von Otto“, sagt Musikexperte Stammer.
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Ski Aggu, der in der Öffentlichkeit mit übergroßer Skibrille und Vokuhilafrisur auftritt, bewirbt seinen Party-Rap seit Jahren geschickt auf den sozialen Plattformen Instagram und Tiktok. Mit „Party Sahne“ hatte der 19-Jährige im vergangenen Jahr schon einen Hit, der es immerhin auf Platz 32 der Charts schaffte.
Der Niederländer Joost Klein ist wie Otto ein „Friesenjung“ und ist neben der Musik in seiner Heimat auch als Youtuber bekannt.
Rapper treffen mit Adaption Nerv der Jugend
Die beiden Rapper haben mit ihrem Nummer-eins-Hit definitiv den Nerv der Jugend getroffen. Der rund zweieinhalb Minuten lange Party-Song erinnert an den niederländischen Gabber-Techno der Neunziger, hat also einen schnellen Beat und eingängige Textzeilen. Der kultige Otto-Refrain ist dabei maschinell verfremdet.
Doch den großen Erfolg hätte es vermutlich vor dem Tiktok-Zeitalter nicht gegeben. „Musikstücke sind nicht mehr länger statisch und werden „nur“ gehört: Nutzerinnen und Nutzer auf Tiktok und anderen Plattformen remixen Songs, machen schnellere oder langsamere Versionen daraus und setzen sie dazu ein, eine bestimmte Stimmung oder Idee zu untermalen“, erklärt Stammer. „Das ist eine Chance für Artists mit bekannten Songs in ihren Katalogen, die so in einem neuen Kontext neue Zielgruppen erreichen können.“
Eine neue Zielgruppe hat auch Udo Lindenberg in diesem Jahr erschlossen – durch das Duett mit dem beliebten Rapper Apache 207. Der 77-Jährige ist so etwas wie der Leidtragende des „Friesenjung“-Erfolgs. Denn „Komet“, seit Februar fast ununterbrochen auf Platz eins der Charts, bräuchte nur noch eine weitere Woche auf der Spitzenposition, um den Rekord des Pop-Schlagersängers Matthias Reim (65) zu brechen. Sein früherer WG-Kumpel Waalkes hat ihm das verbaut – zumindest vorerst. (dpa/cgo)
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