Eine KritikvonIris Alanyali Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.
Ist das alles dunkel hier. Der Wald, die Wetterau, das Thema. Polizisten auf nächtlichen Feldwegen, Polizisten im Dickicht. Polizisten auf der Suche. Kunstvoll ausgeleuchtet, minimalistisch inszeniert. Und ausgezeichnet gespielt. Man traut sich gar nicht, diesen „Tatort“ zu kritisieren, künstlerischer Wagemut gebietet immer Respekt. Erst einmal also nur ein Fernsehtipp ganz anderer Art: Man muss diesen Film unbedingt in einem stark abgedunkelten Raum sehen, sonst sieht man nicht viel.
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„Erbarmen. Zu spät.“ ist ein „Tatort“ so sperrig wie sein Titel. Oder ist der vielleicht eine Warnung? „Erbarmen – zu spät – die Hesse komme!“ heißt es in einem Achtziger-Jahre-Hit der hessischen Band Rodgau Monotones, und das wäre natürlich witzig, wenn der neue „Tatort“ mit den Frankfurter Kommissaren Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich) das Publikum vor seiner eigenen Eigenheit warnt.
Es wäre dann aber auch das einzig Witzige an diesem in jeder Hinsicht düsteren Kriminalfilm, der in einer einzigen Nacht spielt und von der Unterwanderung der Polizei mit gewaltbereiten Rechtsextremen erzählt.
Netflix-Serie "Liebes Kind": So lief der Dreh mit den Kinderschauspielern Lesestoff bieten Zeitschriften der Waffen-SS auf dem Dachboden Kommissar Paul Brix und ein paar Kolleginnen und Kollegen fahren mit Anton Schilling (Niels Bormann) über die nächtlichen Feldwege der Wetterau, dieser eigentlich recht lieblichen Landschaft im Norden Frankfurts. Brix muss gefahren werden, weil er seinen Führerschein verloren hat. Warum? Wer solche simplen Fragen beantwortet haben will, für den ist dieser „Tatort“ nicht der richtige. Brix hat hier ganz andere Probleme.
Der Zeuge behauptet, die Erschießung des Polizisten Simon Laby (Sebastian Klein) beobachtet zu haben, und will die Beamten zum Tatort führen. Aber dann müssen die Polizeiwagen mal hier, mal da halten. Anton Schilling erkennt die Stelle, wo die Leiche vergraben sei – dann wieder nicht. Er ist sich ganz sicher – oder vielleicht doch nicht. Woher kommt die plötzliche Unentschiedenheit? Anton Schilling, so scheint es, hat Angst. Und dann hat er plötzlich eine Anwältin, die aus dem Nichts aufzutauchen scheint.
Kommissarin Anna Janneke hat mittlerweile von Labys Frau von einer abgelegenen Waldhütte erfahren, in der ihr Mann sich gerne mit Freunden und Kollegen zum Grillen treffe. Fragt sich nur, wer oder was dort gegrillt wird: Das Haus ist voller Polizeiwaffen, Bundeswehrmunition und genug Konserven, um es eine Zeit lang aushalten zu können. Lesestoff bieten Zeitschriften der Waffen-SS auf dem Dachboden.
Als künstlerisches Experiment ist dieser „Tatort“ sehenswert, als Krimi aber unbefriedigend Ein rechtsextremer Untergrund innerhalb des Polizeiapparats ist derzeit ja ein trendiges Thema innerhalb der Krimireihe, aber so wie dieser Film von Regisseur und Drehbuchautor Bastian Günther und Kameramann Michael Kotschi hat es noch kein „Tatort“ erzählt. Ganz im Dunkeln, voller Nebel und Halbschatten, gelegentlich unterbrochen von grellen, geradezu schmerzhaften Kontrasten in grellem Scheinwerferlicht. Das ist natürlich hochsymbolisch.
Es wird getastet, gegraben und gesucht. Irgendwann kommen die Spürhunde. Wortkarge Männer starren übers Feld. Schütteln den Kopf und wundern sich. So geht es vor allem Paul Brix. Man kennt seine Kollegen und kennt sich doch nicht. Hier wird so einiges ausgegraben.
Für ihn sei der Film ein „moderner Western“, sagt Bastian Günther, der sich von dem Skandal um die rechtsextremen NSU-2.0-Drohbriefe inspirieren ließ, die aus einer Frankfurter Polizeiwache kamen. Aber man könnte „Erbarmen“ auch einen Horrorfilm nennen. Das Grauen ist spürbar, aber nicht wirklich greifbar. Eine unsichtbare Macht, die sich ausbreitet wie ein Parasit, der seine Tentakel durch einen kränkelnden Organismus schlingt und von innen heraus zu zerstören droht.
Als künstlerisches Experiment ist dieser „Tatort“ sehenswert, als Krimi aber unbefriedigend. Zu langsam, zu zäh, und weil Hinweise früh und regelmäßig gesät werden, nicht wirklich spannend. Das hochartifizielle, verstörende Ende, das ganz sicher nicht jedermanns Sache ist: geschenkt. Aber warum Paul Brix seinen Führerschein verloren hat – da hätte man dem Publikum doch ruhig eine klare Antwort gönnen können.
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